ensemble sette voci
pressestimmen
„Schwerlich hat der Thomaskantor seine sakralen Meditationen je in dieser Perfektion gehört: Acht Sänger, Orgel und Violone verbinden sich unter der Leitung von Peter Kooij zu schlackenlosem Einklang. Sanft gestisch, aber nie übertrieben affektiert gestalten sie einen zeitlosen melodischen Kosmos.“
KulturSPIEGEL 1/2010 (Johannes Saltzwedel)
- 23.04.2012: Thüringer Bachwochen gehen erfolgreich zu Ende (Thüringer Allgemeine)
- 23.04.2012: Meisterliches Konzert in Ohrdrufer St. Trinitatis Kriche (Thüringer Allgemeine)
- Februar 2012: Bach cantatas and motets – CD-Besprechung (Early Music)
- 20.09.2010: Bach: "Jesu, meine Freude"/Die Motetten – CD-Besprechung (DRS 2)
- Juni 2010: Bach: "Jesu, meine Freude"/Die Motetten – CD-Besprechung (CD Compact)
- April 2010: Bach: "Jesu, meine Freude"/Die Motetten – CD-Besprechung (Diapason)
- 25.03.2010: A disc of serious beauty ... – CD-Besprechung (BBC)
- 14.03.2010: Bach: "Jesu, meine Freude"/Die Motetten – CD-Besprechung (The Guardian)
- März 2010: Bach: "Jesu, meine Freude"/Die Motetten – CD-Besprechung (Fono Forum)
- 30.01.2010: Bach: "Jesu, meine Freude"/Die Motetten – CD-Besprechung (klassik.com)
- Januar 2010: Bach: "Jesu, meine Freude"/Die Motetten – CD-Besprechung (Crescendo)
- 17.01.2007: "Jesu dulcis memoria" stiftet Entzücken (Rheinpfalz)
- 15.01.2007: Hingebungsvoll (Esslinger Zeitung)
- 24.01.2006: Vergessener Barockmeister mit Freude an Tonmalereien (Rheinpfalz)
- 18.10.2005: Verführung durch acht edle Stimmen (Nürnberger Nachrichten)
- 17.10.2005: Die himmlischen Künste von Frau Musica (Nürnberger Zeitung)
- 10.10.2005: Reiner Klang (Süddeutsche Zeitung)
- 10.10.2005: Sieben Stimmen, sicherer Gesang
- 11.01.2005: Strahlendes Gotteslob von mitreißender Schönheit (Rheinpfalz)
- 26.07.2004: Orlando di Lasso´s klaagzang indringend vertolkt (Haarlems Dagblad)
- 31.07.2003: Ausdrucksstark, mit edler Zurückhaltung: Die "Lagrime di San Pietro" von Orlando di Lasso
- 21.01.2003: Gefühlszustände differenziert hörbar gemacht (Rheinpfalz)
- 21.01.2003: Zu edlem Klang geronnene Tränen (Badische Neueste Nachrichten)
Thüringer Bachwochen gehen erfolgreich zu Ende
Thüringer Allgemeine vom 23.04.2012
Zum finalen Reigen der diesjährigen Thüringer Bachwochen mit bemerkenswerten Konzerten gehörte auch der Auftritt des 2001 gegründeten Vokalsolisten-Ensembles „Sette Voci“ unter Leitung des niederländischen Baritons Peter Kooij. In der Ohrdrufer St. Trinitatis-Kirche wurde den italienischen Madrigalen von Heinrich Schütz sowie den Bach-Motetten „Jesu, meine Freude“ und „Lobet den Herrn, alle Heiden“ ein äußerst filigraner, auf jede Feinheit der Melodik bedachter Klang zuteil.
Klarste Phrasierungen sowie eine beinah lupenreine musikalische und sprachliche Artikulation zelebrierte das Ensemble „Sette Voci“ in ausdrucksstarker Manier. Unter den sieben hervorragenden Solostimmen, wozu auch Violoncello und Orgelpositiv gehörten, fiel besonders der geniale Bassbariton Dominik Wörners auf. Es ist wohl gerade die expressive Wärme seiner Stimme, die Dominik Wörner zu einem der gefragtesten Sänger seiner Generation macht.
Ursula Mielke
Meisterliches Konzert in Ohrdrufer St. Trinitatis Kriche
Thüringer Allgemeine vom 23.04.2012
Das Vokalensemble „Sette Voci“ (Sieben Stimmen) gab in der Ohrdrufer Kirche St. Trinitatis ein meisterhaftes Konzert im Rahmen der Thüringer Bachwochen. Von ihrer Kunst, Werke der Vergangenheit stilsicher aufzuführen, legten die sieben Profis am Samstagabend Zeugnis ab.
Ohrdruf. Als „Sette Voci“ (Sieben Stimmen) unter der Leitung von Peter Kooij haben sie sich international einen Namen gemacht: Hana Blažíková, Dorothee Mields (Sopran), Margot Oitzinger (Alt), Julius Pfeifer (Tenor) und Dominik Wörner (Bass) sowie Ageet Zweistra (Violoncello) und Lorenzo Feder (Orgel) als Continuo.
Das Ensemble ließ elf der 19 fünfstimmigen italienischen Madrigale op. 1 von Heinrich Schütz sowie zwei Bach-Motetten erklingen. Obwohl die Madrigale im Original rein vokal notiert sind, rundeten Orgelpositiv und Violoncello (nicht Gambe!) das Klangbild ab, ohne es zu verfälschen.
In solistischer Besetzung klingen die Schütz'schen Madrigale besonders durchsichtig. Die durchaus individuell ausgeprägten Stimmen fügten sich fast immer zu einem tadellosen Gesamtklang, in dem ein angenehmer Kontrast herrschte zwischen persönlichem Ausdruck und der höheren Gesetzen folgenden, harmonisch dahinfließenden Polyphonie. Stets war der musikalische Duktus eng an die Sprachmelodie angelehnt, was bei rhythmisch-deklamatorischer Präzision und feinfühliger Dynamik die Hörer auf besondere Weise ansprach.
Texte musikalisch sorgsam ausgeleuchtet
Wie sehr die Musiker die Texte musikalisch ausdeuteten, wurde unter anderem deutlich in dem Madrigal „Di marmore siete voi ...“ (Von Marmor seid ihr Frauen): Wie die Soprane das natürliche Vibrato zurückhielten, um die unerbittliche Kälte des Steins zu verdeutlichen, das schuf Gänsehaut.
Von Bach erklang die populäre Motette „Jesu, meine Freude“ BWV 227. Wie in den Proben jedes einzelne Wort der Choralstrophen um- und umgewendet worden sein muss, um letztlich in derart wirkungsvoller Deklamation die Hörer zu erreichen, lässt sich nur erahnen. Nichts, was nicht zuvor gründlich überlegt worden wäre. Das die schlichte Choralhomophonie immer wieder ablösende polyphone Stimmengeflecht war sehr feinfühlig geformt – „Klangrede“ im besten Sinne. Die Fuge „Ihr aber seid nicht fleischlich“ zog so leichtgewichtig durch den Raum, wie man es angesichts ihrer Virtuosität kaum erwartet hatte.
Die zweite Bach-Motette, „Lobet den Herrn, alle Heiden“ BWV 230, bestätigte die Interpretationskunst der Sette Voci. Für den langen Beifall bedankten sie sich mit der Wiederholung der tröstlichen Choralstrophe aus der ersten Motette: „Unter deinem Schirmen / Bin ich vor den Stürmen / Aller Feinde frei“.
Dieter Albrecht
Bach cantatas and motets
Early Music, Februar 2012
Finally, my personal favourite among the motet recordings is also the most minimalistic. On Jesu, Meine Freude: Motets (Ramée ram 0906, rec 2009, 70'), Peter Kooij directs Sette Voci, which (despite its name) has eight singers, not seven. There is one singer per vocal line, and not all of the pieces need everyone. The performance includes organ and violone as discreet continuo support, although they are sometimes tacet. There is obvious overlap here between Kooij's and Suzuki's present projects: four singers from Kooij's ensemble—Hana Blažíková, Robin Blaze, Satoshi Misukoshi and Kooij himself—are the four concertists in Suzuki's volume 48, as section leaders of his 16-voiced ensemble. However, the musical effect is quite different, and not only in matters of instrumentation or vocal deployment. As director, Kooij brings more rhythmic freedom and expression to the music. Where Suzuki generally keeps things moving along briskly in Bach's music, streamlining the structure, Kooij chooses some daringly slower tempos, and gets his singers to provide a more rhetorical and dynamic delivery. The effect here in the motets is intimate, like a group gathered to sing at a friend's funeral. The compositions sound pure and direct, with nothing distracting from the shaping of the text.
This excellent CD also includes a bonus, the motet Ich lasse dich nicht, bwv Anhang 159. It is evidently an early piece by Bach, written between 1712 and 1713, and had not yet been authenticated by the 19th century; hence its different place within the Bach-Gesellschaft edition, and the Schmieder/bwv numbers based on it. From Kooij's ensemble, Satoshi Misukoshi, Dominik Wörner and Damien Guillon also recorded this piece (and all the motets) with Suzuki in 2009. That performance has more elaborate instrumentation doubling the parts, and is predictably faster, smoother and more extroverted.
Bradley Lehman
Bach: "Jesu, meine Freude"/Die Motetten
CD-Besprechung / DRS 2 vom 20.09.2010
Diskothek im Zwei: Johann Sebastian Bach, Motetten
Jörg-Andreas Bötticher (Cembalist, Organist und Musikwissenschaftler von der Schola Cantorum Basiliensis) und Andreas Werner (Tonmeister und Sänger) diskutieren mit Lislot Frei fünf neuere Aufnahmen.
„Ex aequo am Besten abgeschnitten haben zwei, eine mit solistischem Ensemble und eine mit 18-köpfigem Chor. Das Ensemble ‚Sette Voci‘ beeindruckt und berührt mit schönen Stimmen, inniger Textausdeutung und einem homogenen Klang ...“
DRS 2
Bach: "Jesu, meine Freude"/Die Motetten
CD-Besprechung / CD Compact, Juni 2010
Los motetes de Bach, pequeñas piezas corales que fueron escritas principalmente como música de funeral, han sido interpretados a lo largo de los años de maneras diferentes. Hasta hace bien poco la disyuntiva radicaba en incluir o no instrumentos. Ahora el discurso tiene que ver con los efectivos vocales, pues cada vez cobra más fuerza la tendencia minimalista que iniciara Rifkin, que siguiera Parrott y que ahora defienden con entusiasmo algunos reputados directores bachianos. Hablando de reputados bachianos, pocos lo son tanto como Peter Kooij, considerado junto a Klaus Mertens el bajo por excelencia cuando de la música sacra del Kantor se trata. Kooij no canta en este disco, lo cual ya es noticia, sino que dirige a su grupo, Sette Voci, creado en 2001.
El holandés, siguiendo esa tendencia minimalista, utiliza en cada coro una voz por parte, con un minimo acompañamiento instrumental de órgano y violón. Estamos ante una versión equilibrada y cristalina, en la que Kooij no sólo extrae lo mejor de cada una de las voces, sino que aporta un fuerte toque personal, derivado de su amplisima experiencia en la interpretación de esta música. Es la suya una lectura descarnada, impregnada de una considerable dosis de religiosidad, en las antípodas, per ejemplo, de la de Masaaki Suzuki, publicada hace bien poco por BIS (en ella, el director japonés, otro de los que cuenta siempre con Kooij como bajo, utiliza dieciocho, porque los que busca es la suntuosidad). Nos encontramos ante el Bach más espiritual que uno pueda imaginarse, en el que, por paradójico que parezca, lo musical pasa a un segundo plano, pues lo que parece contar es el mensaje que se intenta transmitir con el texto.
A pesar del nombre del grupo, no son siete voces las empleadas por Kooij, sinon ocho: las sopranos Hana Blažíková (excelente, como siempre) y Zsuzsi Tóth; los contratenores Damien Guillon y Robin Blaze; los tenores Satoshi Misukoshi y Chris Watson, y los bajos Dominik Wörner y Jelle Draijer. El violón es el de Armin Bereuter y el órgano, o mejor dicho, los órganos (uno por coro), son los de Jan Jansen y Masato Suzuki, quien, como ya habrán podido deducir por el apellido, es hijo del anteriormente citado Masaaki Suzuki. Originalisima lectura la de esta gente, que hace de éste un disco de lo más recomendable, a pesar de la muy nutrida y reñda competencia con que se va a topar en el mercado.
Eduardo Torrico
Bach: "Jesu, meine Freude"/Die Motetten
CD-Besprechung / Diapason vom April 2010
5 Diapasons
Si le chœur de Masaaki Suzuki se fait grand orgue pour servir les
motets de Bach, les solistes réunis autour de Peter Kooij leur
apportent plutôt la connivence démocratique et raffinée
des meilleurs consorts de violes. La polarité soprano / basse
et l'opposition chœurs I / II disparaissent dans un
échange polyphonique formidablement équilibré et
transparent (un défi dans cette écriture!), qui plus
qu'aucune autre relecture des motets avec un chanteur par partie appelle
l'adjectif « madrigalesque ». Cantus Cöln (DHM)
et La Petite Bande (deuxième version, Challenge) s'en
écartaient d'emblée par l'emploi (historiquement
fondé) de doublures instrumentales ; les Hilliard (en petite
forme, ECM) et les Trinity Baroque (en grande voix, Raumklang) optaient
comme ici pour un accompagnement minimal mais s'en tenaient à un
discours nettement moins détaillé (ou nettement plus naturel,
question de goût).
Les mots, centre de gravité d'une texture légère,
attirent l'attention par mille inflexions, mille coups d'archets
ciselés, pour en revenir à l'image du consort. Plage 1,
l'appel de Komm, Jesu, komm
donne le ton avec ses « k » adoucis et ses
« o » furtivement renforcés, auxquels
répondent les petits soufflés sur
« Je » et « su ». L'élan
naît ici du détail, d'un art accompli de donner à
chaque mot et chaque accent son propre poids, modulé
(« die Kraft »), amorti
(« Ich sehne mich ») ou identique
(« der saure Weg ») au fil des
répétitions. Les deux trios de Jesu meine Freude,
souvent ratés, y gagnent une poésie rare.
Les micros de l'excellent Rainer Arndt accompagnent cette option en
inscrivant la polyphonie dans une acoustique assez intime, naturellement
favorable au labyrinthe piétiste du Jesu meine Freude. Les
motets en double-chœur y perdent en espace, donc en
théâtre, ce qu'ils gagnet en souple rebond ; transfert
favorable à Der Geist hilft unsrer Schwachheit et au
Ich lasse duch nicht (ici enchevêtrement d'arabesques
lasses), moins efficace à l'échelle du grand Singet dem
Herrn, court de souffle et de vision. L'ensemble arrive
néanmoins en bonne place dans la discographie (Bernius, Kuijken II
et désormais Suzuki in excelsis Deo), assorti d'un texte de
présentation érudit.
Gaëtan Naulleau
A disc of serious beauty from Peter Kooij's ensemble Sette Voci
CD-Besprechung / BBC vom 25.03.2010
There's a story that on a visit to Leipzig in 1789, Mozart found himself listening to the choir of Bach's old church rehearsing one of his motets. After just a few bars, Mozart cried out in wonder, and at the end, he gathered the vocal parts around him to better absorb the miraculous music that had so delighted him.
Even in these days of Bachian plenty, there can be times when you feel that Mozartean delight and awe bubbling through your blood vessels. This new recording of Bach motets from Peter Kooij's ensemble Sette Voci has that tingle factor.
There's nothing obviously remarkable about it, but remember Kooij's deep immersion in Bach, since his days as a treble in his father's choir, through to his role as preferred bass soloist for Masaaki Suzuki's cycle of Bach Cantatas. And if you look at Suzuki's own recently released recording of the motets, you'll find that Kooij's ensemble shares three singers. But the sound is so different: Suzuki's Bach Collegium Japan has 18 singers, continuo, and discreet instrumental doubling from choirs of strings and wind; while for Kooij everything's done with just eight voices, organ and violone.
Given the skills and precision of his ensemble, this brings an unforced immediacy and intensity that lifts the texts from the page. The singing is clean and unfussy with little or no vibrato, and the opening chords of Komm, Jesu, komm are delivered with uncanny unanimity, impeccably tuned and balanced from top to bottom. Jesu, meine Freude has a simple austerity and aching inevitability that sits perfectly with its origins as a funeral motet; Suzuki may offer more sensual variety and drama, but the result is more diffuse, and the tighter focus of the Ramée recording only adds to the immersive intimacy.
You also get seven motets: Ich lasse dich nicht returns to the fold, with scholars agreeing that it's more likely to be early JSB than his uncle Johann Christoph, a disciplined contrapuntal elaboration of a classic funeral text. All-in-all, this is a disc of serious beauty, from the cover photo of the vaulting of St Thomas's church in Leipzig, to the sublime vocal tracery within.
Andrew McGregor
Bach: Jesu, meine Freude: Motets/Sette Voci/Kooij
CD-Besprechung / The Guardian vom 14.03.2010
Mozart heard a Bach motet when he visited Leipzig and was inspired ("Here's something I can learn from!"). These small choral pieces, some written for funerals, have inspired many different performance styles across the years. This recording is extremely minimal—one voice to a part, with continuo support—but it is also utterly precise. Peter Kooij is a bass well known from Bach cantata recordings and he has gathered a straight-voiced group that is cleanly balanced. More variety would not come amiss in the multi-movement "Jesu, meine Freude", with its perfectly symmetrical structure; I enjoyed the lilting flow of "Komm, Jesu, komm"; and a good case is made for "Ich lasse dich nicht", only recently agreed to be by Bach.
Nicholas Kenyon
Rasant
CD-Besprechung / Fono Forum vom März 2010
MUSIK: * * * *
KLANG: * * *
Aufführungspraktisch bieten die Bach'schen Motetten nach wie
vor zahlreiche Probleme: Lediglich für BWV 226 sind
Instrumentalstimmen überliefert, welche die Vokalisten
gestützt haben. Die Frage, ob die Colla-parte-Praxis auch
für die anderen Motetten anzuwenden ist oder nicht, scheidet
nach wie vor die Geister. Peter Kooij entschied sich legitimerweise
durchgehend für die Verwendung eines instrumentalen Continuos.
Dass aber dadurch bei "Der Geist hilft unser Schwachheit
auf" BWV 226 die hier vorgesehenen instrumentalen Klangfarben
nicht zum Tragen kommen, bleibt bedauerlich.
Wenn der lesenwerte Booklet-Beitrag mittelt, die Chöre seien
nicht im Sinne der venezianischen Mehrchörigkeit getrennt
aufzustellen, dann kann man in der Sache geteilter Ansicht sein.
Ein Argument für eine separate Aufstellung nämlich liefert
der zweite Satz von BWV 225, für den die Bach'sche Partitur
eine Wiederholung vorsieht, bei der die Chöre jeweils den Part
des anderen singen sollten. Eine größere Trennschärfe
der beiden Chöre jedenfalls hätte dieser Aufnahme gutgetan.
Heute irritiert eine solistische Besetzung für jede Stimme
gewiss niemanden mehr, ermöglicht sie doch eine bessere
Durchhörbarkeit und – was beinahe die Kehrseite der
Medaille ist – ein forcierteres Tempo. Dies nutzen die Sette
Voci im Vergleich etwa zum RIAS-Kammerchor unter René Jacobs
auch gehörig aus; ob eine solche Rasanz bei Beerdigungen
wirklich angestrebt war, bleibt allerdings eine offene Frage.
Aufgrund der sängerischen Disziplin wirkt aber kaum einmal ein
Satz im Tempo überzogen. Vor allem hält die solide
Bass-Basis, für die offenkundig Peter Kooij sorgte und die sich
mitunder deutlich von der Textausdeutung abhebt, alle Teile
wohlgeordnet zusammen.
Reinmar Emans
J.S. Bach: Die Motetten (Ramée)
CD-Besprechung / klassik.com vom 30.1.2010
Der niederländische Bariton Peter Kooij verfügt über eine Expertise im Bach-Gesang wie kaum ein anderer Vokalist sonst – mit fast allen der großen Interpreten hat er das Kantaten-Werk, die Passionen und Motetten konzertierend aufgeführt und für die Platte eingesungen. Seit 2001 widmet er sich zudem gemeinsam mit jungen Bach-Interpreten im Ensemble Sette Voci dem Werk des großen Thomas-Kantors. Diese Formation vereint in der vorliegenden Aufnahme mit den Motetten Bachs Hana Blažíková, Zsuzsi Tóth, Damien Guillon, Robin Blaze, Satoshi Mizukoshi, Chris Watson, Dominik Wörner und Jelle Draijer – etliche von ihnen längst selbst namhafte Protagonisten der Alten Musik.
Das beschert dem Ensemble eine sehr homogene Klasse: Toll intonierend interagieren die acht Sängerinnen und Sänger quasi chorisch – auch Liebhaber größerer Besetzungen für die doppelchörigen Motetten Bachs dürften nicht allzu viel entbehren. Die bereits jetzt ausgeprägte Expertise der Akteure stellt neben die Frische des Klangs und die stimmliche Beweglichkeit gewissermaßen gleichberechtigt einige interpretatorische Erfahrung, die den ambitionierten Motetten deutlich zugute kommt. Natur- und besetzungsgemäß liegen der Formation das Leichte und das Elegante sehr nahe, doch werden gerade aus dieser schlanken Disposition heraus sehr gelungene Steigerungen entwickelt. Peter Kooij pflegt selbst einen noblen Vokalklang und wandelt auch als Leiter von Sette Voci auf diesen Spuren: Feine Artikulation steht selbstverständlich neben der klanglichen Ausgewogenheit, zu der alle Beteiligten fähig sind.
Aber nicht nur das schon auf dem Papier überzeugende Potenzial
überzeugt – auch die interpretatorische Umsetzung
verrät klare Vorstellungen und intensive Arbeit am allseits
bekannten Material:
Die einleitende Motette BWV 229 „Komm, Jesu, komm“
besticht durch eine geglückte Wahl der Tempi und die
große Geduld, mit der Kooij und die Seinen den
Sarabanden-Beginn gestalten.
Mit dem großen „Jesu, meine Freude“ BWV 227 wird
das vielleicht noch deutlicher. Hier disponiert Kooij die Tempi
ebenfalls klug und formt so eine schöne und überzeugende
Proportion im Kontext der einzelnen Abschnitte. Im Vordergrund steht
die Zeit, die zur Ausformung feiner Satzcharaktere zugelassen wird.
Wie so oft ist es auch hier: Wenn auf klanglich sehr
konzentrierter Basis gearbeitet wird, geraten dynamische Kontraste und
Steigerungen umso überzeugender, etwa bei der Stelle „Tobe
Welt und springe“. Zum wundervollen Punkt der klanglichen
Konzentration wird dann das Quartett „Gute Nacht, o
Wesen“.
Die andere große Motette „Singet dem Herrn ein neues
Lied“ BWV 225 besticht durch tänzerische Leichtigkeit und
durch die phantastisch gesungene Fuge „Die Kinder Zion“.
Die gelingt beweglich, individuell virtuos, auch chorisch enorm
energetisch, dabei fein und in atmenden Bögen phrasiert: Das
ist ganz hohe Gesangs- und Interpretationskunst. Und Ähnliches
ließe sich über andere Passagen auch sagen.
Das alles ist in einem plastischen, ausgewogenen Klangbild
realisiert. Der in Gestalt von Violone und Orgel mitgespielte
Generalbass wird sehr diskret und kurz artikuliert und birgt bei
einer gewissen Räumlichkeit natürlich doch ein gewisses
Restrisiko der Dominanz im Gesamtklang. Dieser Gefahr entgeht die
Aufnahme fast vollständig.
Diese feine und gelungene Einspielung der Motetten Johann Sebastian
Bachs kann sich in der Gesellschaft anderer solistisch besetzter
Aufnahmen dieser Werke – in jüngerer Zeit etwa durch das
Hilliard Ensemble oder Trinity Baroque – ohne Mühe
behaupten und nimmt mit einer ausgewogen hohen Qualität
für sich ein.
Matthias Lange
J.S. Bach: Motets
Crescendo (Januar 2010)
Les motets de Johann Sebastian Bach ne constituent pas un cycle
cohérent. Ils ont en effet été composés
à différentes époques de sa vie dans des
circonstances bien déterminées, notamment des
funérailles ou cérémonies du souvenir. Ils
étaient vraisemblablement chantés par les meilleurs parmi
les élèves de la Thomasschule de Leipzig.
Le problème de leur accompagnement instrumental reste ouvert;
Peter Kooij a opté pour le seul continuo (violone et orgue),
plutôt que de choisir un accompagnement colla parte dans
lequel les instruments doublent les voix ou encore une
exécution a cappella ne requérant elle aucun instrument.
L'ensemble Sette Voci qu'il dirige est composé de huit
choristes, qui peuvent se répartir en deux choeurs de quatre
dans les motets écrits pour double chœur (BWV 225, 226,
228, Anh. 159).
On n'est donc pas surpris de la transparence bien perceptible
dès les premières mesures de Komm, Jesu, komm,
transparence doublée d'une précision d'ensemble
remarquable. Inflexions, couleurs des mots, conduite des
différentes voix ont fait l'objet d'un travail tellement
fouillé et abouti, le tout exprimé avec une rigueur
sans faille. On évitera de confondre rigueur et
sécheresse, la première s'impose pour rendre les
contrastes avec persuasion, dessiner les fugues avec clarté,
donner aux passages syllabiques tout leur sens, sans oublier le
volet rhétorique.
L'excellent texte de présentation évoque le contraste
entre l'humble condition de l'homme et la toute-puissance de Dieu
que l'on trouve dans plusieurs motets. Le chemin que Bach propose
est celui de la contemplation de la Création avec la
tranquillité et le réconfort qu'offre la perspective
assurée du Salut. C'est clairement dans cet esprit que Kooij
et Sette Voci ont envisagé cette nouvelle production que l'on
peut chaudement recommander.
Alain Derouane
"Jesu dulcis memoria" stiftet Entzücken
Musik von Dietrich Buxtehude in herrlicher Wiedergabe am Sonntagnachmittag beim Kirchheimer Konzertwinter
Rheinpfalz vom 17. Januar 2007
In Äußerungen schwärmerischen Entzückens
auszubrechen, war nach dem "Jesu dulcis memoria"
überschriebenen Konzert des Kirchheimer Konzertwinters am
Sonntagnachmittag nicht schwer: Peter Kooij, international
renommierter Spezialist für Alte Musik, und seine Ensembles
Sette Voci und De Profundis – drei Sänger, vier
Streicher, ein Organist – boten reiche zwei Stunden mit Musik
des vor 300 Jahren gestorbenen Dietrich Buxtehude – in einer
Interpretation, die keine Wünsche übrig ließ, die
kaum ausbalancierter, klangschöner und sinnvoller gedacht
werden könnte.
Wenig ist aus Buxtehudes Leben überliefert: Vor 370 Jahren soll er in
Dänemark geboren sein; seit 1668 war er Organist an der Lübecker
Marienkirche. Er veranstaltete in der Hansestadt außerdem die
"Abendmusiken". Der 20-jährige Johann Sebastian Bach
pilgerte zu Fuß von Arnstadt nach Lübeck, um "dasselbst ein
und anderes von seiner Kunst zu begreiffen".
Solokantaten oder geistliche Konzerte von Buxtehude, die in der
musikalischen Form recht unterschiedlich gehalten sind und noch ohne das
später bei Bach übliche Rezitativ auskommen, machten die
Hauptsache des Programms aus, ergänzt durch ein Orgelstück und
eine Triosonate. Die Zusammenstellung war einheitlich genug, die
musikalische Persönlichkeit Buxtehudes erkennbar werden zu lassen, und
abwechslungsreich genug, dass keine Langeweile aufkam.
Wörner agiert klug und umsichtig
Die "sieben Stimmen" des Vokalensembles waren tatsächlich
drei: die beiden Sopranistinnen Hana Blažíková aus Prag
und Andrea Lauren Brown aus den USA, dazu der künstlerische Leiter der
Konzertreihe, Dominik Wörner, als Bass. Die beiden Sopranistinnen
verfügen über ein ähnliches Stimmtimbre, was ihren Duogesang
zu einer herrlichen Einheit verschmelzen ließ, wobei
Blažíková der eher elegische, Brown ein eher heiterer
Ausdruck liegt. Dies gab dem Vortrag Farbe, ohne die Einheitlichkeit zu
sprengen. Manchmal setzt Buxtehude die beiden Frauenstimmen als Partner
kontrastierend dem Bass gegenüber, manchmal führt er die drei
Stimmen unabhängig voneinander. Wörner war in jedem Fall ein
sicher und klug agierender Sänger, der sonore Gravität ebenso
klingen ließ wie schlanke Eleganz.
Vorzüglich auch die Instrumentalisten von "De Profundis";
Francois Fernandez, Sayuri Yamagata, Mieneke van der Velden und Hans Koch
strichen Violen verschiedener und wechselnder Größe. Es erwies
sich einmal mehr, dass diese nach Mustern der damaligen Zeit gebauten
Instrumente sich klanglich viel besser dem Sologesang anschmiegen als ihre
modernen Nachkommen. Koch spielte mit dem Organisten Andreas Gräsle
den Generalbass; Peter Kooij hielt das Ensemble mit sparsamen, jedoch auf
faszinierende Weise den pulsierenden Rhythmus visualisierenden
Gebärden auf das Präziseste zusammen.
Es ist hier nicht der Raum, auf die zehn Stücke des Programms
detailliert einzugehen. Schauen wir in das erste hinein, "Je
höher du bist", BuxWV 25, das alle Mitwirkenden vereinte. Ein
Schriftwort rahmt nach einer vom ersten Takt an packend gespielten
Instrumentalsonate als Kehrvers ein gereimtes moralisches Liedchen
über ein Hauptthema des 17. Jahrhunderts, die menschliche Eitelkeit.
Die Sonate wurde ungemein lebendig vorgeführt. Wörner setzt den
Kehrvers mit sonorer Stimmpracht an, die beiden Frauen treten homogen
hinzu. Schwere Bedeutsamkeit gibt Buxtehude diesem Teil mit und nimmt den
Affekt dann zurück. Der Reihe nach tragen die Solisten jetzt die
einfache, dem natürlichen Sprachduktus folgende Melodie vor, um sich
schließlich im letzten Abschnitt zum kunstvollen Konzertieren zu
vereinigen, bevor abermals der Kehrvers den Schlusspunkt setzt.
Spannende Kantate
Richtig spannend war die Kantate über den lateinischen Psalm
"Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so lechzt mein Seele, o
Gott, nach Dir" in der Form ein Ciaccona. 64 Mal erklingt ein immer
wiederkehrendes Motiv, das den sprudelnden Quell symbolisiert, als
Fundament des glänzend austarierten musikalischen Geschehens.
Glänzend war auch die Wiedergabe der Triosonate op 1,6, eine
überraschende Fülle kurzer, abrupt wechselnder Abschnitte im
damaligen "Stylus phantasticus". Derartiges wirkt auf den
heutigen Hörer oft wirr und unzusammenhängend; "De
Profundis" glückte es indes, das Publikum auch hier in seinen
Bann zu ziehen. Die oft schwierigen Neueinsätze kamen gestochen
scharf.
Wunderbar war stets die Richtigkeit des Vortrags, die sich darin bewies,
dass sie Buxtehudes Musik unmittelbar einleuchtend und nachvollziehbar
machte. Ein belebtes Pulsieren innerhalb der Takte war der kleinste
Baustein, aus dem Kooijs Künstler durchdachte Architekturen in
sinnerschließender Gesamtspannung aufbauten.
Kaum hätte die Zahl der Musiker einerseits und die Zahl der
Zuhörer sowie die Größe des Konzertraums andererseits
besser aufeinander passen können: Man vernahm jedes Detail mit
größter Klarheit. Nach zwei Stunden war der Hörer fast
erschöpft – und genoss doch noch gerne die Zugabe eines
wunderschön kolorierten "In dulci jubilo".
Roland Happersberger
Hingebungsvoll
Peter Kooij und seine Ensembles mit Musik von Dietrich Buxtehude in der Cannstatter Stadtkirche
Esslinger Zeitung / Cannstatter Zeitung vom 15. Januar 2007
Stuttgart. Im Herbst 1705 trat der 20-jährige Johann Sebastian Bach
seine Reise nach Lübeck an, um den "berühmten Organisten an
der Marienkirche Dietrich Buxtehude zu behorchen". Von Buxtehude hat
Bach auf dem Gebiet der Orgel- und der Vokalmusik viel gelernt, sein
musikalischer Weg wäre ohne den direkten Kontakt anders
verlaufen.
Dietrich Buxtehude starb vor 300 Jahren – am 9. Mai 1707. Dem
Mozartjahr folgt 2007 also das Buxtehudejahr. Die Aufmerksamkeit
für sein Maßstäbe setzendes kompositorisches
Schaffen dürfte allerdings weitaus geringer ausfallen. Umso
verdienstvoller erscheint die Initiative der Cannstatter
Konzertreihe "Musik am 13.", gleich ihren ersten Termin
des Jahres dem Jubilar zu widmen. In die Cannstatter Stadtkirche
eingeladen hatte man mit Peter Kooij einen erfahrenen Interpreten,
der als Gesangssolist vorwiegend Alter Musik hervorgetreten ist. Im
Jahr 2001 hat er dem von ihm bereits 1999 ins Leben gerufenen
Instrumentalensemble "De Profundis" das Vokalistenensemble
"Sette Voci" zur Seite gestellt. Mit diesen beiden
Ensembles brachte Kooij in Cannstatt acht Kantaten aus Buxtehudes
umfangreichem Schaffen zur Aufführung. Trotz der
unterschiedlichen Timbres der beiden Sopranistinnen Hana
Blažíková und Andrea Brown verschmolzen ihre
Stimmen zusammen mit der des Bassisten Dominik Wörner etwa in
"Cantate Domino" zu einer ausgewogenen Balance. Auch
solistisch gefiel in der Bass-Kantate "Jubilate Domino"
der weite Ausdrucksgestus Dominik Wörners, wie auch Hana
Blažíková in der Sopran-Kantate "Herr, wenn
ich nur dich habe" mit ihrer geradlinigen Stimmführung und
ihrer textintensiven musikalischen Gestaltungsweise nachhaltig
überzeugen konnte. Andrea Brown und Dominik Wörner
duettierten in der Dialog-Kantate "Wo ist doch mein Freund
geblieben" mit stimmlicher und ausdrucksreich formulierter
Hingabe.
Wenn hin und wieder die interpretatorischen Anforderungen
unerfüllt blieben, so lag dies – instrumental wie vokal
– an den gestalterisch nicht immer entschieden genug gefassten
musikalischen Charakteren. Sie hätten bisweilen ein lebendiger
atmendes Ausschwingen der melodischen Phrasen, mehr Farbe und mehr
dynamische Differenzierung sowie mehr rhythmische Prononcierung
vertragen können. Eine affektivere, zupackendere
Herangehensweise hätte Buxtehudes Künsten, die Bach
seinerzeit so bewunderte, ein noch plastischeres Profil
verliehen.
Sebastian Quint
Vergessener Barockmeister mit Freude an Tonmalereien
Hochkarätiges Konzert mit geistlichen Kantaten von Johann Valentin Meder in Kirchheim – Bejubelte Wiederentdeckung
Rheinpfalz vom 24. Januar 2006
Besser geht´s kaum. Das lässt sich ohne Einschränkung
nach dem Konzert des Vokalensembles "Sette Voci" und der
Instrumentalistengruppe "De Profundis" am Samstag beim
Kirchheimer Konzertwinter sagen.
Wie gut die Musiker um den niederländischen Barockspezialisten Peter
Kooij musizieren, hatte das Konzertwinter-Publikum schon vor einem Jahr
beim Bachschen Weinachtsoratorium erfahren – kein Wunder, dass die
protestantische Kirche bis auf den letzten Platz besetzt war, obwohl der
Komponist, dem das Konzert gewidmet war, kaum jemandem etwas sagte: Johann
Valentin Meder (1649-1719), ein Thüringer, der hauptsächlich im
Baltikum komponierte, eine Generation vor Bach, Zeitgenosse von Buxtehude
und so außerhalb der heutigen Aufführungspraxis stehend, dass
das Notenmaterial aus alten Handschriften erarbeitet werden musste. Ein
lohnendes Unterfangen. Meder hätte aber auch kaum bessere Interpreten
finden können, und diese wiederum kaum bessere
Aufführungsumstände als den intimen Rahmen der Kirchheimer Kirche
mit einem konzentriert zuhörenden Publikum.
Der Beginn: ein musikalischer Dialog "Gegrüsset seys tu,
Holdseelige", also die Verkündigung der Geburt Jesu durch den
Erzengel Gabriel. Die biblische Wechselrede, von zwei Sopranen vorgetragen,
wird umrahmt von einer vom Bass vorgetragenen strophischen Betrachtung und
abgeschlossen durch die alttestamentliche Verheißung der
Jungfrauengeburt. In der Instrumentaleinleitung mit zwei Violinen, zwei
Gamben, Violone, Laute und Orgelpositiv agierten die Musiker allemal
präzis, hervorragend aufeinander eingespielt, rhythmisch prägnant
und klanglich erlesen. Meders Musik, das zeigte sich auch in der Folge, ist
dann besonders farben- und einfallsreich, wenn der Text ihn zur
musikalischen Affektmalerei reizt, wenn er Gegensätze und Kontraste
liefert. Ungemein eindrucksvoll setzte Dominik Wörner, Bassist bei
"Sette Voci" und Künstlerischer Leiter des Konzertwinters,
nach der Instrumentaleinleitung ein. Mit profunder, voller Stimme und
rhetorischem Impetus sang er "Die höllische Schlange darf nimmer
uns beißen". Die Musiker schafften es, den Ernst des mit
barocker Drastik formulierten Inhalts mit einem tänzerischen
Grundduktus zu verbinden – auch das ein insgesamt gültiges
Charakteristikum des Konzerts.
Wunderschön ausgeglichen sangen dann die Sopranistinnen Hana
Blažíková und Kristine Jaunalksne den Dialog
zwischen Engel und Gottesmutter, bevor die zweite Strophe des
Eingangsliedes und die Prophezeiung im Terzett die
abwechslungsreiche Komposition abschlossen. Geringe anfängliche
rhythmische Abweichungen im Gesang Jaunalksnes gegenüber der
Instrumental-Cappella gaben sich rasch, der Altus Kai Wessel und der
Tenor Julius Pfeifer – beide sangen schlank, aber kräftig
– fügten sich hervorragend ein.
Der Gegensatz zwischen strophig gebundenen und madrigalartig freien,
abschnittsweise komponierten Passagen, die Lust an Tonmalereien, wenn etwa
der 6. Psalm am Ende abrupt abbricht, weil das letzte Textwort
"plötzlich" lautet, charakterisiert Meders geistliche
Kantaten und Motetten. Es erstaunt, dass etliche Texte, unter anderem ein
geistliches Liebeslied, in einem eigenartigen Latein abgefasst sind.
Zeitgeschichtlich interessant, aber musikalisch ins Konventionelle
abfallend, war eine Danksagung aus dem Jahr 1684 zur Befreiung der Stadt
Riga von der Belagerung durch die Moskowiter.
Fast zum Schluss war dann noch ein zweifellos hübsches
Instrumentalstück Meders zu hören, eine Chaconne, delikat
gespielt. Sie bot aber nach den diversen Kantatenvor- und -zwischenspielen
nichts Neues mehr und wäre wirksamer am Anfang erklungen, weil man nun
den Eindruck hatte, die musikalische Spannweite Meders hinreichend kennen
gelernt zu haben. Da bot die Schlussmotette "Unser keiner lebet ihm
selber", die das Ensemble klangkräftig vereinigte, doch noch die
eine oder andere Überraschung, die erneut aufhorchen ließ.
Roland Happersberger
Verführung durch acht edle Stimmen
Sette Voci sangen in Nürnberg
Nürnberger Nachrichten vom 18. Oktober 2005
"Über Musik kann man am besten mit Bankdirektoren reden.
Künstler reden ja nur übers Geld". Dieser Ausspruch stammt
nicht aus dem Pressebüro der Hypobank, die mit den
"Engelschor-Kantaten" in St. Sebald das kulturelle Leben
Nürnbergs bereichert – nein, diese Worte kamen einst von
den Lippen des finnischen Komponisten Jean Sibelius.
Nun gelang es einem Sonderkonzert das Vokalensemble "Sette Voci"
nach Nürnberg zu holen. Herausragende Solisten aus ganz Europa
erarbeiten unter der Leitung des Niederländers Peter Kooij seit 2001
selten aufgeführte, zumeist siebenstimmige Werke aus Renaissance und
Barock. Bei einem Konzert in Nürnberg kommt man jedoch nicht an Johann
Pachelbel vorbei, und so werden mit seinen 8-stimmigen Motetten aus
"Sette Voci" kurzerhand "Otto Voci".
Streng symmetrisch
Gibt es denn etwas Schöneres, als mit einer Stimme verführt zu
werden? Ja! Von acht Stimmen verführt zu werden, wobei keine
heraussticht, sondern zum Wohle eines Gesamtklanges zurückgenommen
ist, der so leicht und spielerisch dahinfließt, dass der Dirigent
eigentlich nur noch die Einsätze geben muss. Stephan Leuthold
unterstützt feinfühlig mit dezentem Generalbassspiel an der
kleinen mobilen Orgel diesen Fluss in einer streng symmetrisch
konstruierten ersten Konzerthälfte, in dessen Mitte einige der wenigen
Motetten von Johann Sebastian Bach ("Ich lasse dich nicht")
steht.
Ob nun beim anspruchsvollen "Abendständchen" von Johannes
Brahms oder Hans Leo Hasslers "Mein Gmüth ist mir
verwirret", ob bei einem französischen Chanson von Orlando
di Lasso oder einem englischen Partsong von Robert Lucas Pearsall
– aufgrund der hohen durchgängigen Perfektion fällt
es auch im zweiten Teil schwer, einen Höhepunkt zu benennen.
Doch gehörte der schlichte Satz für vier
Männerstimmen "In einem kühlen Grunde" von
Friedrich Silcher sicher zu den ergreifendsten Momenten dieses
wunderbaren Abends. "Golden wehn die Töne nieder"
– endlich mal wieder ein Konzertprogramm das hält, was es
verspricht.
Michael Sikora
Die himmlischen Künste von Frau Musica
Nürnberger Zeitung vom 17. Oktober 2005
Das Programmmotto der "Sette Voci" suggerierte mit der
Verszeile "Golden wehn die Töne nieder" romantisches
Liedgut, doch glücklicherweise wusste das hochkarätige, zwischen
vier- und achtstimmig agierende Gesangsensemble den eingerüsteten,
aber dadurch nicht minder gewaltigen Kirchenraum von St. Sebald mit einem
ungleich größeren chormusikalischen Repertoire aus drei
Jahrhunderten auszunutzen.
Denn für solche Ausmaße und deren akustische Wirkungen waren die
Motetten des ersten Teils bestimmt. In stimmiger Symmetrie umrahmten
doppelchörige Sätze des Bach-Lehrers Johann Pachelbel und zweier
Bach-Onkel (Johann Christoph und Johann Michael) die imitationsreiche
Trauerkantate "Ich lasse dich nicht" (BWV 157) des großen
Schülers und Neffen. Johann Sebastian Bach vereint das an
Imitationstechniken Erlernte mit hochartifizieller Textausdeutung,
überstrahlt seine Lehrer mittels innigster musikalischer Sublimierung.
Die grandiose Architektur aller Kompositonen dieses ersten Teils wurde von
den acht Gesangssolisten in virtuoser Mehrstimmigkeit und zartem Echospiel
vorgeführt; glanzvoll umrankten diffizile Melismen die
Cantus-firmus-Linien, die durch Stephan Leutholds Orgelpartie deutliche
Konturen erfuhren.
Girlanden der Polyphonie
Peter Kooij, durch Bach-Wochen-Meriten längst auch in
fränkischen Landen bekannt, leitete durch die polyphonen Girlanden und
hatte die Gruppen klanglich sinnvoll eingeteilt: So schien der erste Chor
mit Monika Frimmer in forcierender Führung mehr dem irdischen Dasein
verhaftet, wohingegen das Quartett mit Urike Hofbauers Sopran schwerelos
transzendente Höhen erreichte.
Der zweite Teil dieses gut besuchten Engelschor-Sonderkonzertes war
der weltlichen Vokalpolyphonie gewidmet. Federleicht entzückten die
musikalisch hinreißenden Lieder von Orlando di Lasso, mit beredter
Abschnittsgliederung blieb nur das "Gmüth", nicht aber die
Hörerkenntnis bei Hans Leo Hasslers Kantionalsätzen
"verwirret".
Der Sprung zum bürgerlichen 19. Jahrhundert eines Friedrich Silcher
war zunächst befremdlich. Aber derart kultiviert und ergreifend wie
das Männerquartett der "Sette Voci" "Alle
Brünnlein" fließen ließ und sich ohne weinerliche
Sentimentalität "In einem kühlen Grunde"
niederließ, waren auch diese "urdeutschen Hits" wieder zu
verkraften.
Meditativ verschmelzend bezauberte Robert Pearsalls "Lay a
garland". Nach den innigen Brahms-Sätzen des
"Abendständchens" und der säuselnd-stillen
"Nacht" bestätigte Mendelssohn "Denn er hat seinen
Engeln befohlen" ein letztes Mal die himmlischen Künste Frau
Musicas und ihrer Exegeten.
Sabine Kreimendahl
Reiner Klang
Sette Voci
Süddeutsche Zeitung vom 10. Oktober 2005
Jetzt hat die Konzertreise durch die Residenz auch den wohl
schönsten Saal erreicht: das Antiquarium. Sicher, großen
Eindruck macht der prächtige Raum schon bei einem Rundgang. Noch
intensiver wird der Eindruck aber, wenn man dort einen ganzen Abend
verbringt, bei dem das dichte Klanggewebe von Renaissance-Vokalmusik den
Saal weiter verschönert. Als das Antiquariurn im 16. Jahrhundert
erbaut wurde, war Orlando di Lasso Hofkapellmeister in München –
welche Musik könnte also besser geeignet sein, dort aufgeführt zu
werden?
In der ersten Programmhälfte gab es zwei musikalisch miteinander
verbundene Werke Lassos: Die kurze Motette "Osculetur me osculo",
in der das Hohe Lied Salomons vertont wird, war die Grundlage für die
weit ausführlichere "Missa super Osculetur me osculo". Bei
beiden Stücken bot das vom niederländischen Bariton Peter Kooij
geleitete Ensemble Sette Voci große Gesangskultur. Im Jahre 2001
gegründet, vereint es mit Ulrike Hofbauer und Susan Eitrich (Sopran),
Beat Duddeck und Alexander Schneider (Alt), Benoit Haller und Koen van
Stade (Tenor) sowie Dominik Wörner und Markus Flaig (Bass) acht
international erfahrene Solisten der Alte-Musik-Szene. Doch warum
heißt der Chor "sieben Stimmen"?
Gemeint ist hier nicht die Anzahl der Sänger, sondern es wird
auf symbolische Bedeutungen verwiesen – die sieben Schmerzen
der Jungfrau Maria –, die zur Zeit Lassos als wichtig
angesehen wurden und vielfach in seinen Kompositionen
verschlüsselt sind. Die tiefe Auseinandersetzung mit der
Gedankenwelt der Zeit, die gründliche Einarbeitung in das Werk
Lassos spiegelte das klangliche Resultat des Konzerts beeindruckend
wider. Mit einer Überfülle dynamischer Abstufungen
arbeiteten die Sänger die jeweiligen Wortbedeutungen plastisch
heraus und fanden dabei genau den richtigen Mittelweg zwischen
Klangfülle und Transparenz, zwischen Sinnlichkeit und Askese,
um die Vokalpolyphonie der Renaissance in all ihrer einfallsreichen
Farbigkeit erstrahlen zu lassen. Gleiches gilt für die
Mariengesänge Lassos, die auf den ersten Blick alle ziemlich
ähnlich wirken, bei genauerem Hinhören aber eine
große kompositorische Vielfalt entdecken lassen. Starker
Beifall des sehr zahlreichen Publikums.
Sebastian Werr
Sieben Stimmen, sicherer Gesang
Karlsruhe, 10. Oktober 2005
Schlicht, aber effektiv: Sette Voci (Sieben Stimmen) nennt sich das
Ensemble um den renommierten Alte-Musik-Experten Peter Kooij, das seit vier
Jahren zusammen singt und sich auf Musik von Renaissance und Barock
spezialisiert hat; und schnörkellos wie der Name war auch der Gesang,
den das Ensemble in den Raum der Christuskirche setzte: klare, volle, fast
unvibrierte Stimmen, mit geradezu traumwandlerisch sicherer Intonation und
souveräner Phrasierung, gepaart mit einer ebenfalls schlichten,
animierten Bühnenpräsenz.
Geboten war ein reines A-capella-Programm: Geistliche Musik von Orlando di
Lasso war das Thema bei den 40. Orgeltagen in der Karlsruher
Christuskirche. Das war zwar nicht gerade eine der Neuentdeckungen, die
sich das Ensemble auf die Fahnen geschrieben hat, aber ein di Lasso, wie
man ihn gerne hört: absolut stilsicher, durchsichtig und mit
spielerischer Eleganz interpretiert.
Stringent gestalteten die Sänger die Motette und Messe "Osculetur
me osculo", formten, ganz wie es sein soll, mit triumphierendem
Osanna, berührend innigem Sanctus und dem sanft fließenden Agnus
Dei.
Lockerer in der Form der zweite Teil des Abends mit seiner –
sehr schön harmonierenden – Folge von Mariengesängen
für variierende Besetzungen. Doch auch hier setzten die
Sänger unter Peter Kooijs optisch etwas steif scheinenden, aber
offensichtlich animierenden Dirigat nur ganz selten auf extreme
Effekte – mal ein sehr zartes Piano, wenn in den
Mariengesängen die süße Maria, die dulcis Virgo
Maria, besungen wird. Lieber konzentrierten sie sich darauf, die
Konstruktion dieser Musik klar herauszuarbeiten. Sehr schön
ließen sich die imitierenden Einsätze der Stimmen
nachvollziehen, die wechselnden Gliederungen der Stimmführung
verfolgen. Dabei überzeugten sie mit einer äußerst
gepflegten Gesangskultur: Die Balance zwischen den Stimmen war in
jeder Konstellation perfekt, der Gesamtklang direkt, aber doch
weich, federleicht und beweglich gingen den Sängern die
längsten Melismen von den Lippen. Ein inspirierendes
Konzert.
Wibke Gerking
Strahlendes Gotteslob von mitreißender Schönheit
Großartige Aufführung des Weihnachtsoratoriums beim Kirchheimer Konzertwinter – Geistreich und aufmerksam musiziert
Rheinpfalz vom 11. Januar 2005
Das Publikum des Kirchheimer Konzertwinters ist mit Applaus nicht geizig.
Am Samstag aber bestand es geradezu darauf, die nach zwei Stunden
konzentrierten Musizierens zweifellos erschöpften Interpreten im
Chorraum der protestantischen Kirche festzuhalten, um ihnen lange und
nachhaltig Dank und Zustimmung zu zeigen.
Und das mit vollem Recht. Das noch junge Jahr wird es an der
Unterhaardt schwer haben, ein schöneres,
klangprächtigeres, niveauvolleres Konzert zu präsentieren.
Das Vokalensemble "Sette Voci" mit Gästen –
insgesamt 13 Sänger und Sängerinnen, die im Chor und
wechselnd als Solisten vorzüglich sangen –, das
Barockensemble "De Profundis" und das Trompetenensemble
Guy Ferber – zusammen 21 Instrumentalisten –; hatten die
erste, dritte, fünfte und sechste Kantate aus Johann Sebastian
Bachs 1734/35 erstmals aufgeführtem Weihnachtsoratorium
fulminant gesungen, gestrichen, gezupft und geblasen. Unter der
Leitung von Peter Kooij fanden sich die Interpreten zu einer
homogenen Leistung seltener Güte zusammen. Das war schon rein
physisch eine enorme Leistung, immerhin wurde zwei Stunden ohne
Pause musiziert.
Die Besetzungsgröße deutet es an: Die Kirchheimer
Aufführung war weit vom breiten, sinfonischen Klang alter
Karl-Richter-Referenzaufnahmen entfernt. Das Instrumentarium war
histoisch, der Pauker ließ Lederschlegel aufs straff gespannte
Trommelfell prasseln, die Trompeten schmetterten schlank und
strahlend, zu den Rezitativen begleitete sanft die Laute – das
ergibt automatisch einen schlanken Klang, der ein rascheres,
fließenderes Musizieren nahelegt und plausibel macht. Auch das
Verhältnis der Vokalsolisten zur Klangmasse des kleinen Chores
war überzeugend. Zumindest in einem relativ kleinen Raum wie
der Kirchheimer Kirche kann es kaum eine bessere Darstellungsart
geben. Dazu kommt die Artikulation des Singens,
gleichmäßig in Chor und den wechselnden Solisten:
Allesamt sangen sie in einer Weise, die nahe an der natürlichen
Sprachmelodie bleibt, belebten den Vortrag durch unterschiedliche
Gestaltung der einzelnen Taktzeiten, so dass eine immerwährende
Bewegung auch in den kleinsten musikalischen Einheiten den Vortrag
belebte.
Jede Stimme wichtig
Was soll man hervorheben? Natürlich den berühmten
Eröffnungschor: "Jauchzet, frohlocket, auf preiset die Tage,
rühmet, was heute der Höchste getan". Volltönender,
dichter Wohlklang füllt die Kirche, Chor und Trompeten strahlen.
Frappierend ist dabei die große Transparenz, in der jede Stimme,
jedes Instrument wichtig wird. Deutlich greifen Trompeten, Holzbläser,
Streicher, Continuoorgel und Sänger musikalisch ineinander, werfen
einander die Bälle zu, die Proportionen stimmen. Dieses Jauchzen hat
nichts getragen Feierliches, es ist vielmehr gespannt, pulsiert,
drängt vorwärts, es verdeutlicht packend, dass Unerhörtes,
nämlich das Kommen Gottes in die Welt, angekündigt wird.
Dann das erste Rezitativ, der Evangelist berichtet rasch, die Laute
begleitet sanft. "Bereite dich, Zion": Wunderbar konzertieren
Oboe d´amore und Altus miteinander. "Großer Herr und
starker König": Herrlich federnd, rhythmisch drängend und
doch straff gebunden ist diese Bass-Arie, mit offener, klarer Stimme
vorgetragen. Blühend, klar und satt auch der Eingangschor der dritten
Kantate, schlicht und konzentriert die Choräle, wunderbar leicht und
differenziert die Stellen, in denen andere Stimmen in Choräle und
Rezitative hinein theologische Kommentare einschieben, etwa in "Wo ist
der neugeborene König der Jüden", wo das klare Singen des
Altus sich ins polyphone Chorgewebe flicht. Aufstörend, wenn auch nur
für einen Moment, die falschen, schrägen Töne, die die
Lügen des Herodes auch musikalisch entlarven.
Vieles verdiente, einzeln hervorgehoben zu werden. Nur einmal
verschlechterte sich die Streicher-Intonation während einer Kantate
so, dass es zu kleinen unschönen Reibungen kam, aber das ist der Preis
für die besondere Schönheit der Natursaiten.
Herrlich war dann der Schluss der sechsten Kantate mit langen, ganz
besonders lebendig vorgetragenen Tenorpartien und dem von Bach raffiniert
kombinierten Schlusschor, in dem über aller Schönheit die
entschiedene, klare Intensität der drei Trompeten leuchtete.
Nein, vier Weihnachtsoratoriumskantaten am Stück sind nicht
eine zu viel – jedenfalls nicht, wenn so konzentriert,
geistreich, aufmerksam und schön musiziert wird wie hier.
Wegen der großen Nachfrage im Vorverkauf gab es am Sonntagnachmittag
eine Wiederholung; der Reinerlös floss wohltätigen Zwecken
zu.
Roland Happersberger
Orlando di Lasso´s klaagzang indringend vertolkt
Sette Voci olv. Peter Kooij mmv. Theo Brandmüller (orgel). Programma: 'Lagrime di San Pietro' von Orlando di Lasso. Gehoord: zondag 25 juli, Grote of St. Bavokerk Haarlem.
Haarlems Dagblad vom 26.
Juli 2004
klassieke muziek – recensie
De 16de-eeuwse componist Orlando di Lasso moet een man met twee gezichten
zijn geweest. Humoristische liedjes schreef hij ein weelderige koorwerken,
maar ook vrome motetten en diep doodeefde geestelijke madrigalen. Zijn
Lagrime di San Pietro dat gisteren tijdens het Internationaal
Orgelfestival Haarlem tot klinken kwam, tot de tweede categorie.
Eenentwintig gedichten van de Italiaan Luigi Tansillo zijn geordend tot een
intens mini-drama waarin Petrus treurt om zijn verraad van Christus.
In een even rijk als expressief weefsel voegen de zeven stemmen zich
afwisselend samen in sonore akkoorden of gaan groepsgewijs hun eigen weg.
Daarbij bestrijkt de componist: een groot scala aan klankcombinaties. Maar
nergens staat een noot te veel.
Geen tijdgenoot besteedde zoveel aandacht aan de tekst als Orlando
di Lasso. Seeds voegt de frasering en het karakter van de muziek
zich naar de woorden. De uitgesproken tekstschilderingen van zin
vroegere werk heeft de componist hier niet meer nodig. Soms duiken
ze nog even op: waar de apostelen Christus verlaten, haasten de
stenmen zich éé voor één naar beneden,
en als er sprake is vin een stroom van tranen golven de zangpartijen
over elkaai hen. Maar het is vooral de sfeer van berouw en weemoed
die Orlando di Lasso n een grote spanningsboog weet te vangen. De
Nederlandse bas Peter Kooij – die net als Lasso 450 jaar
geleden emplooi heeft gevonden in Duitsland – hecht evenveel
belang aan tekstexpressie. Als zanger maar, zo bleek, ook als
dirigent. Hij kiest rustige tempi waardoor het stemmenweefsel
ondanks de galm van de St. Bavo doorzichtig blijft en de tekst
steeds verstaanbaar is.
Het recente door hem opgerichte vocaal ensemble Sette Voci, bestaande uit
zeven zangers uit verschillende Europese landen, heeft de Lagrime di San
Pietro als zijn lijfstuk. En dat is te horen. De totaalklank is
volmankt uitgebalanceerd. Telkens treden stemmen uit het geheel naar voren
om daar ook weer in terug te keren. En prachtig is het contrast tussen de
diepse bassen en de stralende sopranen met daartussenin de homogene klank
van de tenoren.
Op hun best zijn Orlando di Lasso en Sette Voci in het afsluitende motet
'Vide homo'. Daar wordt de melodie uitgesponnen als één
lange, steeds van kleur verschietende klankdraad.
De drie filmische orgelimprovisaties van Theo Brandmüller sneden als
scherpe rotspunten door Lasso´s indringende cyclus. Ingetogenheid
week er voot massieve klanklawines, welluidendheid voor oorverdovende
dissonanten, soberheid voor speelse plaagstootjes die door de verschillende
registers heen buitelden. Expressief en vindingrijk was Brandmüllers
spel wel, maar stilistisch viel het soms lelijk uit de toon.
Winand van de Kamp
Ausdrucksstark, mit edler Zurückhaltung: Die "Lagrime di San Pietro" von Orlando di Lasso
Große Spannkraft der melodischen Bögen
Donnerstag, 31. Juli 2003
Auf Einladung der Brixner Initiative Musik und Kirche trat das
Vokalensemble "Sette voci" im Brixner Dom und in der
Stiftskirche von Innichen mit einem ungewöhnlichen Werk vor das
Publikum: mit dem Zyklus geistlicher Madrigale, die sein
Schöpfer Orlando di Lasso unter dem Namen "Lagrime di San
Pietro" zusammenfasste. Dieses Werk beendet der Komponist nur
wenige Wochen vor seinem Tod. Es ist zugleich sein ausgedehntestes
Werk, das einen Blick in seine Seele tun lässt. Er widmete das
Werk Papst Clemens VIII. Orlando di Lasso war Hofkapellmeister der
bayerischen Herzöge Albrecht V. und Wilhelm V. in der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts. Als ein "princeps
musicae" wurde er in ganz Europa anerkannt und gefeiert.
Die "Lagrime" sind der Ausdruck seines
selbstquälerischen Pessimismus. Der Text stammt aus einem
fragmentarischen Werk des Dichters Luigi Tansillo. Orlando hat die
Verse so ausgewählt, dass daraus ein kleines Drama entstand.
Die Madrigale samt der abschließenden lateinischen Motette
stellen Stadien der Reue des Petrus dar, der noch als alter Mann von
seiner Verleugnung des Herrn verfolgt wird.
Die Madrigale sind siebenstimmig, Stimmenanzahl, Kompositionsart,
die Wahl der Gattung haben symbolische Bedeutung. So deutet die Zahl
sieben auf die sieben Schmerzen Mariens hin. Die Zahl der
einundzwanzig Teile stellt ein Vielfaches von sieben dar. Die
Komponisten, und Orlando di Lasso war in dieser Technik ein Meister
voller Einfälle und Kreativität, versuchten den Text mit
Musik auszudeuten. Vieles vermochten ungeübte Ohren nicht zu
verstehen; man sprach daher von "musica riservata" –
Musik für Kenner.
In den "Lagrime di San Pietro" will Lasso seinen
Seelenschmerz, seine Schwermut, die Angst vor dem Tod nicht
hemmungslos hinausschreien, sondern mit edler Zurückhaltung
umso erschütternder mitteilen. Wer auf die Nuancen, dynamischen
Abstufungen, harmonischen Verbindungen, Wort- und Tonwiederholungen
hellhörig und feinfühlig zu achten versteht, wird den
Schmerz nachempfinden können.
Das Vokalensemble mit seinem Leiter Peter Kooij hat sich
gründlich in das Werk eingearbeitet, sodass die Ergriffenheit
der Sänger auf die Hörerschaft übersprang. Die
große Spannkraft, mit der sie die melodischen Bögen
zogen, war beeindruckend. Die dynamischen Differenzierungen
unterstrichen eindrucksvoll den Wortgehalt. So entstand ein
intensives, aber durchaus nicht plakatives Bild der von
Gewissensqualen geplagten Seele des Petrus und auch des großen
Orlando di Lasso.
Josef Oberhuber
Gefühlszustände differenziert hörbar gemacht
Rheinpfalz vom 21. Januar 2003
Solistenensemble "Sette Voci" beim Kirchheimer Konzertwinter mit Madrigalsammlung von Orlando di Lasso
Die Sammlung von 21 geistlichen Madrigalen "Lagrime di San
Pietro" ist eines der rätselhaftesten und schwierigsten Werke
Orlando di Lassos. Die in seinem Todesjahr 1594 vollendeten
"Reuetränen des Heiligen Petrus" gelten als Krönung
seines Lebenswerks, als sein "summum opus" und als Gipfelwerk der
Renaissancemusik, das alles bisher Geschriebene übertraf. Der
Textdichter des Werks, Luigi Tonsillo, war wegen seiner erotischen
Freizügigkeit von der Inquisition auf den Index gesetzt worden. Zur
Buße beschrieb er deshalb die Todesängste, die Petrus nach der
Leugnung Christi befallen hatten.
Dass die Aufführung dieses gewaltigen Werks zum Höhepunkt des
diesjährigen Kirchheimer Konzertwinters geriet, dafür stand das
Vokalsolistenensemble "Sette Voci" unter der Leitung des
niederländischen Baritons Peter Kooij, der zurzeit auch durch seine
Einspielungen Bachscher Vokalwerke Aufsehen erregt.
Lassos Zeit und die sie beherrschende Gedankenwelt ist uns heute fremd. Das
Problem, das sich bei der Interpretation dieses Lieblingsstücks vieler
Alte-Musik-Ensembles stellt, heißt schlicht und einfach: Lässt
sich das in der Musik des 16. Jahrhunderts ausgedrückte Empfinden und
Fühlen einem heutigen Hörer noch vermitteln? Wirkt solch ein
Großwerk um einen einzigen Themenkreis, das Menschen einst tief
bewegen konnte, heute nicht einfach kalt, trocken analytisch,
schlimmstenfalls langweilig? Nicht zuletzt, weil Angaben über
Ausdruckshaltungen, Lautstärken und Artikulation in den alten
Chorbüchern fehlen?
Doch Kooij und seinen "Sieben Stimmen" gelang es nach einer
anfänglichen Orientierungsphase im Verlauf ihrer Darstellung recht
überzeugend, über das nur korrekte Buchstabieren der Noten hinaus
den Zyklus auf hohem technischen und gestalterischen Niveau zu tragen, zu
gliedern und zu differenzieren. Mit perfekter Intonation (aber leicht
verwaschen klingender Diktion) verfuhr das Ensemble überaus sicher mit
all den musikalischen Darstellungstechniken, die Lasso hier einsetzt. Die
Zahlenmystik des Drei-mal-Sieben ist umgesetzt in kompakte
Siebenstimmigkeit, in Gegenüberstellung von Hoch- und Tiefchor,
Homophonie, Polyphonie, Tonmalerei, Dur-, Moll- und chromatischer Harmonik.
In langem Atem erschienen die chorischen Kombinationen kontrastiert und die
polyphonen Bögen verflochten.
Entscheidend war jedoch, wie die Veranschaulichung der
Gefühlszustände gelang. Da wurden einzelne Worte wie eine
Überschrift in vollem Tuttisatz herausgestellt, rhythmische Impulse,
Betonungen einzelner Worte trugen zur Lebendigkeit bei. Da erklang der eine
Satz in raschem Tempo, der andere wieder straff deklamiert, der
nächste lyrisch weich abgetönt. Lebendige Emotionalität fand
sich besonders bei den Stellen, an denen sich die Augen Christi mit denen
seines Verräters Petrus trafen. Berührend wirkte die versunkene
Stimmung jener ton- und wortmalerischen Sätze, die beispielsweise (Nr.
10) die Natur in Form der schmelzenden Schneeflocken mit einbeziehen, um
den Tränenfluss Petri zu verdeutlichen.
Im letzten Drittel des Zyklus, wenn verzweifelte Todesgedanken in den
Vordergrund rücken, nahm auch die Dramatik zu. Hier faszinierten die
Stellen, an denen Petrus Rechenschaft über sein Versagen ablegt, durch
ihre Ausdruckstiefe, nicht minder sein Gedenken der erlebten Wundertaten
Christi, bei denen musikalisch geschildert wird, wie Lahme gehen, Stumme
wieder reden und Blinde wieder sehen. Sehr wohl vermerkte man dabei die
eingesetzten Errungenschaften historisierender Aufführungspraktiken.
Das absolut vibratofreie, schnörkellos klar konturierte Timbre der
Sopranistinnen Kristine Jaunalskne und Ulrike Hofbauer gehörte dazu,
wogegen einer der drei Tenöre (Beat Duddeck, Robert Buckland, Koen van
Stade) streckenweise doch unangemessen laut einer ausgewogenen Stimmbalance
im Wege stand, zu der die Bassisten Dominik Wörner und Willi
Schwinghammer sonor ihr Fundament legten.
Ein bewegendes, auch den heutigen Hörer recht beeindruckendes
Tondokument hatten die "Sette Voci" hier erarbeitet, dem kaum
noch ein Rest an Antiquiertheit und Ferne anhaftete. In Lassos Musik gibt
es immer noch sehr viel zu entdecken.
Edgar Stadtler
Zu edlem Klang geronnene Tränen
Das Vokalensemble "Sette Voci" sang unter der Leitung von Peter Kooij
"Lagrime di San Pietro" von Orlando di Lasso
Badische Neueste Nachrichten vom 21. Januar 2003
Es zählt zu den größten und eindruckvollsten Werken der
Renaissance: Orlando di Lassos "Lagrime di San Pietro". Das
Ensemble Sette Voci unter der Leitung von Peter Kooij brachte dieses selten
aufgeführte Stück in der Christuskirche zum Klingen: Durchweg
siebenstimmig und a cappella komponiert, wird in den
"Bußtränen des heiligen Petrus" die
frankoflämische Musik zu einem ihrer Höhepunkte
geführt.
Lasso schrieb das Werk unmittelbar vor seinem Tod im Jahr 1594. In seinen
letzten Jahren war er Hofkapellmeister in München, doch durch seine
vielen Reisen durch Europa vermischten sich in seiner Musik die Stile:
Lasso verließ die Tradition strengster Satzregeln, beispielsweise
eines Palestrina, er bevorzugte die klangliche Wirkung auch für die
kirchlichen Werke wie Motetten oder Messen. Besonders in den "Lagrime
di San Pietro" fällt Lassos weit entwickelte, chromatisch
orientierte Harmonik auf: So entsteht eine musikalische Abbildung des
Büßers Petrus, der seinen Herrn dreimal verleugnet hatte und
daraufhin von großem Schmerz und Reue geplagt wurde. Der Komponist
stützt sich dabei auf den italienischen Text von Luigi Tansillo, der
die Verzweiflung und den Lebensüberdruss Petrus´ hervorhebt. In
Letzterem liegt die Paralelle zu Lasso: Unter die Widmung an Papst Clemens
VIII. schrieb der Komponist "zu eigener Andacht in nunmehr lastendem
Alter".
Das Ensemble "Sette Voci", bestehend aus Sängerinnen und
Sängern aus den Niederlanden, England, Deutschland, Lettland und der
Schweiz, meisterte den Schwanengesang Lassos mit ergreifender
Interpretation: perfekte Intonation, Ausgewogenheit der sieben Stimmen,
bestimmte und doch nicht überbetonte Chromatik prägten die
Aufführung.
In den 20 siebenstimmig gesetzten Madrigalen und der abschließenden
lateinischen Motette entfaltete das Ensemble die Geschichte um das Leiden
vom heiligen Petrus. Über den weichen, runden Bässen von Dominik
Wörner und Willi Schwinghammer leuchteten die Stimmen der beiden
Sopranistinnen: Kristine Jaunalksne und Ulrike Hofbauer ergänzten sich
hervorragend und brachten etwas Silbriges, Helles in den Gesamtklang ein,
das immer wieder die Läuterung Petrus´ in seinem Leiden
darstellte. Die drei Mittelstimmen der Tenöre Andreas Weller, Robert
Buckland und Koen van Stade fügten sich harmonisch ein.
Überhaupt bewiesen die sieben Sängerinnen und Sänger, die
alle auch als Solisten tätig sind, ein auffallendes Gespür
für das richtige Maß und die feine Nuancierung der chromatisch
verwobenen Stimmen. Leiter Peter Kooij und das Ensemble wirkten ganz
einheitlich, da gab es keinerlei Unstimmigkeiten. Die sensible Umsetzung
des musikalisch und textlich tiefschürfenden Werkes ergriff die
Zuhörer in der Christuskirche. Das über vierhundert Jahre alte
Werk von Orlando di Lasso gestalteten die Sette Voci mit einer
Unmittelbarkeit, die es als zeitlos, nah und zutiefst menschlich erstrahlen
ließ.
Sonja Zieger